Mein Weg nach Stowe

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Hauptallee nach Stowe. Am Horizont der Triumphbogen (Corinthian Arch).

Allgemein gilt Stowe, bei Oxford gelegen, als der vortrefflichste unter den englischen Landschaftsgärten. Eine Einschätzung, die auf der Ausdehnung der Anlage, der Anzahl der Gartenbauten, der Pracht des Herrenhauses, sowie dem Umstand beruht, dass an seiner Entwicklung alle Gestalter von Rang mitwirkten, von John Vanbrugh über Charles Bridgeman, William Kent und bis hin zu ‚Capability‘ Brown.

Anreise von London Euston im Zug ein kurzes Stück bis Milton Keynes. Hier Umstieg in einen Überlandbus in Richtung Oxford. Nach einer halben Stunde in Buckingham, ein beschauliches Straßendorf. Von dort aus geht es zu Fuß weiter, denn direkt am Ortsausgang beginnt das Land von Stowe, noch weit außerhalb des eigentlichen Gartens. Immer entlang der herrschaftlichen Allee vielleicht 4km, dann das Besucherzentrum. Man merkt sofort, Stowe ist organisiert. Im Gegensatz zu Rousham seit 30 Jahren in der Verwaltung des National Trusts.

Schönster Sonnenschein. Doch zum Glück waren nicht viele Menschen unterwegs.

Stowe sehen

Was mir auffiel: Stowe ist eindeutig ein touristischer Ort, was sich nicht nur durch diverse, wenn auch dezent angebrachte Hinweisschilder, auch durch die zahlreichen Elektroautos bemerkbar machte, die gehschwächere Besucher durch den Garten chauffierten. Dann ist das Herrenhaus (seit 1922) eine Privatschule, deren Betrieb sich auch auf den Garten ausdehnt. Gruppen von Schülern durchstreifen das Gebiet, es wird auf den Rasen Sport getrieben, und in einer Ecke findet sich auch ein Golfplatz. Alles Elemente, die nicht ganz zu der stillen Kontemplation passen, die der ursprüngliche Garten nahelegte.

Temple of Ancient Virtue, von William Kent (1734)

Temple of Ancient Virtue, von William Kent (1734)

Ähnlich zu Rousham liegt der wesentliche, durch William Kent angelegte Gartenbereich, links des Haupthauses. Ebenfalls durch Baumgruppen davon getrennt. In Stowe allerdings nach Osten gerichtet, in Rousham nach Westen. Das schmale Tal, ‚Elysian Fields‚ genannt, beherbergt die eigentümlichsten und thematisch zusammenhängendsten Bauten des Gartens. (Hier in nur zwei Fotos.)

Temple of British Worthies, von William Kent (1734)

Temple of British Worthies, von William Kent (1734)

Weitere Elemente, so das später von ‚Capability‘ Brown gestaltete ‚Grecian Valley‚, im Nordosten gelegen, auch das an die ‚Elysian Fields‘ angrenzende ‚Hawkwell Field‚ wirken wie zufällig angestückt. Wenngleich durch Sichtachsen miteinander verbunden. Teils hatte ich den Eindruck, als sei es nach Kent nur darum gegangen, noch eine weiter Kuriosität unterzubringen. Den Gothischen Tempel etwa. Stowe war der erste Landschaftsgarten zu seiner Zeit, der Beschreibung, Werbung und damit auch Besucher anzog. 1748 die erste Brochüre auf französisch. Man darf nicht vergessen, dass sich um das Vergnügen eines sehr reichen Mannes handelte. Auch wenn Richard Temple imponieren wollte, war dennoch gerade das Gegenteil von Kunst im öffentlichen Raum angestrebt.

In Stowe

In Stowe, im Hintergrund das Herrenhaus

Ich konnte in einer Kurzführung auch das Herrenhaus besichtigen, das eben jetzt Teil einer Privatschule ist. Um 15:00 fand sich niemand außer mir, so dass mich eine charmante Dame ganz allein begleitete. Wenn man die volle Pracht dieses Hauses betrachtet, ist es kaum vorstellbar, dass ein Nachfahre von Richard Temple bereits 1848 bankrott war und 1922 sich niemand fand, der das gesamte Anwesen für damals 50.000£ kaufen wollte. Der Unterhalt mußte ganz beträchtlich sein. Die Privatschule war die letzte Rettung. Und auch sie ist auf Mittel aus der staatlichen Lotterie angewesen, um das Gebäude zu erhalten.

Nach Besichtigung des Hauses habe ich den restlichen Garten nur noch in geraffter Manier abgenommen. Gerade den westlichen Teil. Kurz vor 17:00 trat ich den Heimweg an, wiederum entlang der Hauptallee, die durch die stimmungsvoll herbstliche ‚Countryside‘ führte, um kurz nach der halben Stunde wieder in Buckingham einzutreffen. Dort ein kleiner Imbiss, dann mit Bus und Bahn zurück nach London.

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