Mein Weg nach Stourhead

Auf dem Weg nach Stourhead - hinter Zeals

Auf dem Weg nach Stourhead

Eigentlich wollte ich ja Stourhead, den letzten der berühmten Gärten auf meiner Liste, erst im nächsten Jahr besichtigen. Nachdem ich aber auf den zurückliegenden Touren festgestellt hatte, dass Bahn und Bus in England recht zuverlässig funktionieren, fing ich vom Samstag an, mich auf die Reise nach Stourhead vorzubereiten.

Von Anfang an war klar, dass die Strecke schwieriger als alle anderen Wege sein würde. Zwei Zugstationen in der Nähe von Salisbury standen zur Auswahl, – Gillingham und Warminster -, von denen das weitere Fortkommen nur mit dem Bus möglich sein würde. Also kämpfte ich mich durch diverse Buspläne der südwestenglischen Provinz; auf dem kleinen Bildschirm meines Handys kein leichtes Unterfangen. Schließlich glaubte ich, für Gillingham einen Bus gefunden zu haben, der mich wenigstens bis Zeals, etwa 2 Meilen vor Stourhead bringen würde. Der Rückweg würde nur mit einem Taxi möglich sein.

In Gillingham stand ich dann unschlüssig am Bahnhof herum, als mich ein Taxifahrer ansprach und mir die Strecken für je moderate 15 Pfund anbot. Dennoch wollte ich auf den Hinfahrt den Bus nehmen, auch wenn mich das eine Stunde kosten würde. Mir lag sehr daran, zu Fuß auf mein Ziel zuzukommen.

Der Bus kam pünktlich um 13.16 und setzte mich 25min später an der Landstraße bei Zeals ab. Von dort lief ich einen leider nicht sehr schönen, weil asphaltierten Feldweg in Richtung Stourhead, das ich gegen 14.15 erreichte.

Stourhead sehen

Mir würden dort etwa 3 Stunden bleiben. Das Herrenhaus nahm ich nur flüchtig wahr, nachdem ich in Erfahrung gebracht hatte, dass das Schlüsselgemälde zu Stourhead, – ‚Aeneas auf Delos‚ von Claude Lorrain, dort nicht zu sehen sein würde. Ein Gedanke nur, als ich durch die Räume schritt, die wirkten, als hätten ihre Besitzer sie gerade erst gestern verlassen, – auf Downton Abbey sah es dagegen sehr ordentlich aus.

Den Weg des Aeneas in die Unterwelt, angeblich das Leitmotiv des Gartens, folgte ich vom Haus ins Tal hinab, wo ich schließlich auch an diesem Punkt ankam.

Stourhead, Blick über den See zum Pantheon

Stourhead, Blick über den See

Das ist vielleicht der berühmteste Blick der englischen Landschaftskunst. Über den See, im Vordergrund die ‚palladinisch‘ genannte fünfgliedrige Brücke und im Hintergrund ein Tempel, das ‚Pantheon‘. Eine konsequent ins Bild gefasste arkadisch inspirierte Ideallandschaft.

Ich will nicht sagen, dass ich wirklich fotografiert hätte. Auf meinem weiteren Weg, rechts um den See herum scannte ich mehr oder weniger die Motive. Nur zur Stütze der Erinnerung. Im Nachhinein fällt mir auf, das die meistene Szenen offensichtlich für den Fernblick angelegt sind. Den Tempel der Flora bekam ich mit der Kamera, direkt vor ihm stehend, gar nicht ins Bild. Auch das Pantheon ist wiederum so groß, dass der vorhandene Abstand nicht ausreicht. Jeweils von der anderen Seite des Sees ergibt sich dann ein Bild. Die entsprechende Brennweite läge im Telebereich.

Stourhead - Blick vom Tempel des Apolls über den See

Blick vom Tempel des Apolls über den See

Vom Pantheon kommend erstieg ich noch den steilen Hang, in den im oberen Drittel, einem Wächter gleich, ein Tempel des Apolls eingesetzt ist. Nachbild eines Tempels der Venus in Baalbek. Von dort ist der See in nördliche Richtung zu überblicken. Wie in anderen Parks seiner Zeit ist das Inventar thematisch nicht nur auf die Antike beschränkt. Es gibt ein kleines Haus am See (‚Gothic Cottage‘, erst 1806 zugefügt), außerhalb der Gartengrenzen einen ‚Alfred’s Tower‚ (an eine Schlacht des 9. Jahrhunderts erinnernd), sowie, geschickt eingewirkt, Reste des ehemaligen Dorfes Stourton, nach dem der Landsitz seinen Namen trägt, mit einigen Cottages und der Dorfkirche. Die Gesamtbedeutung des Ensembles ist bis heute unter Experten umstritten.

Selbst in Stourhead

Selbst in Stourhead

Meine Zeit war kurz bemessen. Gegen 17:00 erreichte ich nach Vollendung des Rundwegs das Besucherzentrum, einen Ort, den man nach der Schönheit des Gartens nur mit Schaudern bemerken kann und sich gleichzeitig klarmachen muß, dass der Garten nur darum noch existiert, weil sich eine Stiftung um seinen Erhalt kümmert und dafür notwendig viele Besucher anziehen muß. Die letzten Besitzer des Anwesens standen Anfang des 20. Jahrhunderts, nach dem Tod ihres einzigen Sohnes und Erbens im 1. Weltkrieg, vor der Wahl, ihren Besitz entweder der Erschaftssteuer zu opfern oder ihn der Öffentlichkeit zu übergeben. Sie wählten zum Vorteil aller die letztere Option.

Für mich war es ein großes Glück, dass ich bei guter Witterung (ich hatte extra und mit einigem Bangen des Wetters wegen den Montag ausgesetzt) noch Stourhead sehen konnte. Jetzt habe ich auf einer Reise die 4 wichtigsten Gärten (Rousham, Stowe, Painshill und Stourhead) aus der Frühzeit der englischen Landschaftskunst sehen können. Ihre weitere Entwicklung, die mit den Leistungen des Capability Brown verbunden ist, wäre dann an anderen Orten zu besichtigen. Ich kann mir jetzt mit diesem Abschluß überlegen, ob ich diese Reise im nächsten Jahr fortsetzen möchte.

Informationen zu Stourhead

  

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert