Mein Weg nach Rousham

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Englische Landstraße, hinter Oxford, auf Rousham zu

Unter meinen Reisezielen, die mir einen ersten, ungefähren Eindruck von der Lage der englischen Gartenkunst vermitteln sollten, schien mir Rousham Park, in der Nähe von Oxford gelegen, das wichtigste und damit vordringlichste meiner Unternehmung.

Rousham, zwischen 1719 und 1739 angelegt, ist nicht nur ein frühes, sondern, in meiner Vorstellung auch das privateste und konzentrierteste Beispiel für die epochale Abwendung des englischen Gartens von französischen Vorbildern. Vor allen anderen wollte ich daher Rousham sehen.

Die Anreise gestaltete sich zum Glück nicht allzu schwierig. Von London Marylebone mit der Chilternrailways nach Oxford. Von dort zwei Stationen mit einem Schienenbus nach Heyford. Der weitere Weg führte entlang der Landstraße, die bald auch das Flüsschen Cherwell kreuzte, in kaum 30min nach Rousham, dessen Zinnen manches Mal schon über den Baumwipfeln aufschienen. Es gibt keinen Empfang oder Büro. Neben dem Schloß findet sich in einem Unterstand ein Ticketautomat, der für 6£ ein erstaunlich nüchternes Billet ausspuckt. Dann ist man sich selbst überlassen. Auf meiner Tour duch den Garten begegnete ich sehr wenigen anderen Besuchern, was ich als angenehm empfand. Und der graue, trübe Himmel verstärkte das Gefühl der Abgeschlossenheit, die ich aus Abbildungen in Schwarzweiß vorahnen konnte.

In Rousham

In Rousham

Wie zu allen bedeutenden Gärten, ist auch zu Rousham schon viel geschrieben worden. Ich möchte daher nur einige Bemerkungen hinzufügen, die aus meinem ersten Augenschein erwuchsen.

Rousham sehen

Die Gestaltung von William Kent beruht auf einzelnen, abgeschlossenen Szenen oder Bildern, weswegen man analog zur Musik von einer Programmarchitektur sprechen könnte. Oder moderner „Parkfiction“.

Seine Thematik ist weitgehend der Antike und ihren Motiven entnommen, – Praeneste, Tal der Venus, Tempel der Echo. Die dieser Vorstellungswelt in anderen Gärten beigemischte Gotik ist in Rousham nur sehr zaghaft eingesetzt. Am hinteren Rand des Gartens findet sich ein „Gothic Seat“, ein entfernt an eine Burg erinnerndes Gebäude, sowie, außerhalb der Gartengrenzen auf freiem Feld eine künstliche Ruine, der sogenannte Eye-Catcher. Dieses ein Element, das den Blick über die Grenzen des Grundstücks in die umgebende Landschaft hinauszieht und mit ihr verbindet.

William Kent hatte sich einen Rundweg ausgedacht, der den Garten Blick für Blick erschließen und wahrscheinlich auch, durch geschickte Wegführung seine relativ geringen Dimensionen verschleiern sollte. Erst am Ende des Weges würde man die Anlage ‚Praeneste‘ sehen, von der man am Eingang nur eine Art Balkon in die Landschaft bemerken konnte.

Zwei Bilder von Rousham Park: links Praeneste, rechts das Tal der Venus.

Zwei Bilder von Rousham Park: links Praeneste, rechts das Tal der Venus

Die Anlagen von Kent sind mit dem eigentlichen Herrenhaus nur lose verbunden. Am Ende des Hauptrasens, dem Bowling Green, muß man einen eher unscheinbaren Weg nehmen, der die einzelnen Szenen verbindet. Wofür Rousham heute berühmt ist, liegt in einem schmalen Streifen, der nach Westen durch die große Umfassungsmauer des gesamten Landsitzes und nach Norden durch den Fluß Cherwell begrenzt ist. Ob darin eine bestimmte Überlegung liegt, etwa den Garten mit der Unterwelt Hades (und die Cherwell als Styx) zu verbinden, – und damit vielleicht das Schloß Rousham als Stätte der irdischen und der von ihm getrennte Garten als Stätte außer-irdischen Mächte (Götter) zu sehen, erschließt sich mir nicht.

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Hell-Dunkel Stimmung im Park

Ein Garten lebt naturgemäß von seinen Bäumen und Pflanzen. In Rousham fiel mir nicht nur die überaus gelungen Einbindung an den Fluß Cherwell und die ihn säumenden Gehölze auf, sondern auch und besonders die vielfältige Lichtstimmung, wie sie durch Wege und Pfade, sowie offeneres und dichteres Laubwerk entstand. Manches Mal schien mir, als ‚malte‘ das durch die Bäume fallende Licht geradezu in die Landschaft. In den 300 Jahren seit Entstehung des Gartens muß dieses Element sicherlich Veränderungen unterworfen gewesen sein, weswegen unklar bleibt, inwieweit hier die Intention des ursprünglichen Gestalters mitwirkte.

Nachdem ich in den folgenden Tagen auch Stowe und Stourhead, zwei der anderen berühmten Gärten, besuchen konnte, kann ich sagen, wer Rousham nicht gesehen hat, wird von der englischen Gartenkunst wenig begreifen.

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