Nachbilder der BuchDruckKunst-Messe

Verblasste Welt - auf der Buch Druck Kunst Messe

Verblasster Eindruck

Vor drei Jahren war ich zuletzt auf der BuchDruckKunst-Messe im Museum der Arbeit in Barmbek. Der lange Zeitraum seitdem verlockte mich, meine Eindrücke von damals zu überprüfen. Denn nach wie vor beschäftigt mich die Frage, auf welche Weise und in welchem Feld, Alternativen zu der von Andreas Reckwitz diagnostizierten ‚heroischen Kreativität‘ existieren könnten.

Nach einer ersten Inaugenscheinnahme der ausgelegten Präsentationen in den Messeräumen ergab sich für mich die folgende Empfindung: alles wirkt gedämpft. Die Farben vor allem gedeckt, unbunt, blass. Grelle Töne werden vermieden. Es geht ins Grau. Kein Weiß, stattdessen ein helles Gelb oder Créme, besonders bei den Papieren. Der Engländer, der mir beim letzten Mal durch seine Neonfarben auffiel, war diesmal nicht dabei.

Die Formen vermeiden alles eckige, spitze, kantige. Alles ist eher rund, weich, zitternd, natürlich. Die Schriften zeigen fast immer Serifen. Und überhaupt ist alles so ‚manuell‘, – „handgeschöpft“, „handgebunden“, „handgewalkt“, „handgesetzt“, „handverlesen“…

Was die Inhalte anging, so ich sie überblicken konnte, schien mir viel Nachgebildetes, Nachgedichtetes vorzuherrschen. Immer wieder Herbst. Immer wieder Rilke. (Der Hausgott der Anti-Moderne.)

Nun könnte man meinen, diese Anmutung des Außerzeitlichen, Nostalgischen, läge in der Natur des Mediums begründet, handelt es sich doch hier um Drucktechniken, die nicht mehr der Höhe des technischen Fortschritts entsprechen.

Doch muß das so sein? Anders als bei einer historischen Dampfeisenbahn, die technisch überholt, nicht mehr in die Jetztzeit zu retten ist, sind beim künstlerischen Buchdruck, wie er in Barmbek präsentiert wurde, die technischen Beschränkungen nur eine Seite der Medaille. Was spräche dagegen, im Steindruck Neonfarben einzusetzen? Oder in der Formensprache etwas mehr Gegenwart zu wagen?

Simulakren

Doch ein Blick auf die andere Seite enthüllt nur allzuschnell, dass ein einfache Trennung, hier die Altmodischen, dort die Modernen, kaum möglich scheint. Als ich vor 20 Jahren in einem Video für ARTE ein Plugin einsetzte, das in die Bilder Haare, Kratzer und Fuseln zauberte, war das noch eine Sensation, heute dagegen Mainstream. Retro ist überall. Mit der Holga fing alles an. Wem der Look der neuen, digitalen Bilder zu perfekt, zu steril schien, der griff zur Plastikkamera, die Unschärfe und Licheinfall auf den Film brachte. Zwischenzeitlich ist auch dieser Effekt als Plugin verfügbar. Es gibt Simulationen für nahezu alles. Das Nass-Kolodium Verfahren ist wieder auferstanden und findet stetig neue Anwender. Einfacher geht auch das mit Photoshop.

Es bleibt in beiden Fällen die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, Authentischen, Fundamentalen. So sagt Boris Groys, (moderne) Fundamentalisten seien Menschen, die nach einem Grund suchten, wo es keinen geben könne. Ähnlich der Bio-Ideologie, die in den Lebensmitteln einen Naturzustand zu restituieren sucht, der niemals bestanden hat, verspricht uns die BildTechnik, ob digital oder analog, Urbilder, die jenseits menschlicher Eingriffe und Interpretationen existieren. Wohingegen es nur Nachbilder gibt. Auch in Barmbek.

  

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