Sind Künstler wirklich glücklicher?

SOEP-Studie: Künstler sind glücklicher

SOEP-Studie: Künstler sind glücklicher

Kollegin C. verweist mich auf die schon länger zurückliegende SOEP-Studie, nach der Künstler glücklicher als andere Arbeitnehmer wären und fragt in Bezug auf meine Gedanken zum Misserfolg: „Ist das nur Selbstbetrug?“

Ich antworte ihr:

Also, ich glaub, das ist nicht grundsätzlich falsch. Das findet sich in vielen Selbstbeschreibungen, zuletzt hier:

Künstlerethos

Einerseits müsste man sich diese Studie genauer ansehen. Sie haben von 28.000 Personen nur 300 Künstler befragt.

Und dann müsste man analog zu Bourdieu auch fragen, ob es nicht zum erworbenen Habitus der Künstler gehört, diese „Rechnung“ aufzustellen: wenig Geld = viel Freiraum = Glück?

Es könnte sich also um eine petitio principii handeln. Künstler müssen so denken und empfinden, um vor sich selbst und anderen als Künstler bestehen zu können. Das wäre, als fragte man Milliardäre, ob sie einen Hang zum Geld hätten.

Und schliesslich, aus eigener Erfahrung und der der KollegInnen arrangiert man sich mit der Situation. Niemand ist gerne auf Dauer arm, glaube ich. Aber es hilft dann ein wenig, sich einen guten Grund dafür einzureden.

Man müsste wirklich Künstler genauer befragen.

Lg
Stefan

  

2 Gedanken zu „Sind Künstler wirklich glücklicher?

  1. Sabine

    Hallo Stefan, hallo alle Mitlesenden,

    „Künstler genauer befragen“ wäre ein guter Weg und überaus interessant, Feinheiten mitzukriegen, denn ich glaube, sie alle sind nicht so sehr über einen Kamm zu scheren, nur weil sie Künstler „sind“.

    Was die meisten Menschen aber eint zum Thema Glück und – im weitesten Sinne – Arbeit ist, dass sie sich als glücklich empfinden, so wie sie eine in ihren Augen sinnvolle Tätigkeit ausüben. Absolut zweitrangig ist beinahe IMMER das Geld; das staucht die Künstler jetzt wieder ein bisschen zwischen die anderen Berufe zurück, denn es gibt einigen Studien zufolge in dem Punkt kaum einen Unterschied. (Zuletzt gelesen bei Gert Scobel: „Warum wir philosophieren müssen“; genaue Stelle gerade nicht zur Hand, wird aber auf Wunsch nachgeliefert 😉 .)

    Wenn man jetzt dazu noch davon ausgeht, dass nur die eigene Sinngebung zählt und nicht etwa ein äußerer Erfolg vonnöten ist, den Sinn zu verifizieren, dann hat man das Bild eines glücklich (ich persönlich würde „zufrieden“ vorziehen, weil Glück immer nur kurzes Blitz-Empfinden ist) Lebenden, EGAL, was er ausübt oder ob er einem ihm übergestüplten Klischee-Etikett gerecht wird. (Kein Künstler „muss“ irgendwie denken und empfinden, und „einreden“ braucht er sich auch nicht zwingend was, weil er Künstler ist. Das zweifelt natürlich nicht an, dass es Menschen gibt, die sich Dinge einreden.)

    Viele Grüße,
    Sabine

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  2. Helge W. Steinmann

    „Künstler” ist doch auch nur ein Titel, ob selbstgewählt oder erhalten ist unwichtig, bedeutet er doch auch mit und von seinem Tun zu leben. Natürlich gibt es auch „Künstler” ohne den dazugehörigen Broterwerb; Hobbykünstler oder wie soll man sie titulieren?
    „Künstler” ist in den Augen eines Großteils der Bevölkerung a.) kein ernstzunehmendes Tun, b.) brotlos, c.) kostenlos bzw. wertfrei zu erstellen (zumindest im bildenden Bereich gerne gefordert). Aber „Künstler” richten ihren Apelle oftmals an die vermeintliche finanzielle Elite (wenn sie denn nicht dieser entstammen-siehe oben) und/oder rebellieren, zumindest hinterfragen und provozieren. Außer den dekorativen, aber die sehe ich dann eher in der Hobby- und Bastelkiste des Baumarkts.
    Da jetzt ein Maß ansetzen zu wollen, ob diese, eine Berufsgruppe kann man sie ja nicht nennen, glücklicher sind als der Rest wäre so oberflächlich wie z.B. alle Autofahrer als glücklicher bezeichnen zu wollen als Radfahrer. Ist einfach eine unsinnige Frage und beleuchtet dieses Tun wieder nur mit einer Klischeeattitüde, wie ich immer sage: Der arme Poet von Carl Spitzweg. Dieses Bild ist a.) gerne genommen um Vergleiche zu ziehen: Prekär, aber glücklich. Und b.) kenne ich einige Artisten, die genau diesem Bild entsprechen wollen.

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