Sind Sie Schweizer?

Flag of Switzerland

Helvetia!?

Es gibt unter den Hamburgern immer wieder einige Menschen, die mich als Fremde umstandslos auf meine Aussprache hin befragen.

Neulich fuhr ich in der S-Bahn Richtung Blankenese, als ich mit einem sehr seriös wirkenden Herrn ins Gespräch kam, der sich nach meinem Fahrrad erkundigte, das ich mit mir führte. Ob es vielleicht ein Manufaktur-Rad sei?

Ich hatte kaum einige Sätze der Erklärung begonnen, da unterbrach er mich mit der Frage:

Sind Sie Schweizer?

Derlei Situationen begegnen mir immer wieder. Nun haben im Laufe der Jahre einige Dialekte auf meine Aussprache abgefärbt, notabene das Wienerische und das Hessische, die es Unkundigen nicht leicht machen, auf meine Herkunft zu schliessen. Frage dazu kommen immer wieder.

Aber nur in Hamburg werde ich so direkt von Fremden hinsichtlich meiner Aussprache angegangen.

Woran liegt das?

Die Hamburger gelten doch als höfliche und etwas reservierte Menschen, so dass der direkte Hinweis auf ein auffallendes Merkmal an einer fremden Person erstaunen muss. Ich werde doch sonst nicht auf Flecken an meiner Kleidung hingewiesen, – es sei denn sie wären entstellend oder blamierend.

Neugierde mag im Spiel sein, doch scheint eine ungewohnte Aussprache so überraschend zu sein, dass sie alles andere zurückstellt und direkt befragt werden muss.

Ist den Hamburgern ihre eigene Aussprache so wichtig, dass sie Menschen, die anders aussprechen, sogleich als Bedrohung empfinden?

Wer kann mir bei der Klärung dieses Verhaltens aushelfen?

  

2 Gedanken zu „Sind Sie Schweizer?

  1. Dieter

    Hallo Stefan,
    als ich neu von Mainz nach Hamburg gezogen war (1994) wurde ich in Hamburg auch recht häufig auf meinen „starken“ Dialekt angesprochen (Du weißt, wie ich rede!) . Dabei wussten sie ihn nicht mal zu lokalisieren (bayrisch?). Ihre eigenen Seltsamkeiten in der Verwendung der Sprache – „Wurzeln“ statt Karotten, „auf Klo“ gehen (ohne „das“), „Belegenheit“ statt Adresse, „auf der“ Uhlenhorst wohnen, statt „in“) finden sie vollkommen normal, das ist „hochdeutsch“. Auf Grund langjähriger Bebobachtungen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Hamburger/innen stark auf alles reagieren, was von den eigenen Gewohnheiten oder Erwartungen abweicht; das können Eigentümlichkeiten in der Aussprache, aber auch im Auftreten, im Bekleidungsstil, im Witz oder in der Art, ein Problem zu sehen, sein. Auch im politischen Kontext gibt es einen starken, unreflektierten „Freund/Feind“-Reflex. Was mir hier auch auffällt ist ein eklatanter Mangel an Humor: Man lacht nur gerne über das Missgeschick der anderen, nicht bei sich selbst. Und es gibt viele unterschwellige Verhaltensregeln – du wirst abgecheckt, ob Du sie draufhast. Ich glaube, was sich darin äußert, ist ein Hang zum Konformismus – immer orientiert an den Werten der jeweiligen peer group. Und aus der scheinbaren Gewissheit, „alles richtig“ zu machen, schöpft sich dann ein gehöriges Maß an Arroganz und Unverfrorenheit – mit der man dann glaubt, sich über den Fleck auf deinem Pulli oder deinen scheinbar schweizerischen Sprachduktus erheben zu können. – OK – unter einer Welt(offenen) -Stadt und -Bevölkerung hatte ich mir auch mal etwas anderes vorgestellt. Aber das behalte ich für mich.

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  2. Stefan B. Adorno Beitragsautor

    Hallo Dieter,
    danke für Deinen Kommentar. Was Du beschreibst kommt mir plausibel vor. Das ist so ein Clubdenken, dass alle kritisch beäugt, die möglicherweise nicht zum Club gehören. Hamburg hat sich geschichtlich lange als Insel begriffen. Dennoch erstaunlich, dass das immer noch Wirkung zeigt.

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